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Bachmayer S, Strizek J, Uhl A (2022): Handbuch Alkohol – Österreich. Band 1 – Statistiken und Berechnungsgrundlagen. Datenjahr 2021, Gesundheit Österreich
Bachmayer S, Strizek J, Uhl A (2022): Handbuch Alkohol – Österreich. Band 1 – Statistiken und Berechnungsgrundlagen. Datenjahr 2021, Gesundheit Österreich
Kohn et al., Bull World Health Organ 2004
Strizek J, Gaiswinkler S, Nowotny M, Puhm A, Uhl A (2023): Handbuch Alkohol – Österreich. Band 3: Ausgewählte Themen. Gesundheit Österreich
Soziale Einflüsse beginnen bereits im Kindheitsalter. Hier spielt der Umgang der Eltern mit Alkohol zu Hause eine große Rolle. Wenn die Wirkung des Alkohols als positiv, erleichternd oder stimulierend beschrieben wird und auch regelmäßig kritiklos Alkohol konsumiert wird, prägt dies eine positive Einstellung zum Alkohol bei heranwachsenden Kindern. Diese werden mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit dieses Verhalten später übernehmen. Bei Jugendlichen hat dann die Peer-Group, die Gruppe der gleichaltrigen Freunde, den vorrangigen Einfluss auf Verhaltensweisen. Wenn sich Jugendliche in einem stark konsumierenden Umfeld befinden, wird auch dies deren späteres Verhalten beeinflussen. Auch bei Erwachsenen sind soziale Einflüsse noch entscheidend. Ein Arbeitsplatz, wo regelmäßig Alkohol getrunken wird, kann ein wichtiger Faktor zur Suchtentstehung sein.
Die Beteiligung einzelner psychischer Faktoren festzulegen ist aufgrund deren Vielfalt weitaus schwieriger. „Die Suchtpersönlichkeit“ gibt es nicht. Sehr wohl finden wir aber gehäuft psychische Störungen oder Faktoren, die eine Suchtentwicklung fördern. Wenn z.B. ein Mensch mit einer Angsterkrankung oder auch nur mit einer schüchternen Persönlichkeit bemerkt, dass er sich mit Alkohol wohler, sicherer und angstfreier fühlt, dann wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit immer wieder zum Glas greifen, um diese Ängste zu überwinden und schlittert so langsam in einen übermäßigen Gebrauch oder eine Abhängigkeit hinein. Deshalb ist es unerlässlich, diese sogenannten komorbiden psychischen Erkrankungen bei der Behandlung der Alkoholabhängigkeit mitzubehandeln, da sonst ein Rückfall in alte Verhaltensweisen kaum zu verhindern ist.
Die eigentliche Wirkung der Substanz Alkohol ist bei der Entstehung einer Abhängigkeit maßgeblich mitentscheidend. So hat jede psychotrope Substanz ein unterschiedlich hohes Suchtpotential; dies bedeutet, wie rasch, bei regelmäßigem Konsum, eine Abhängigkeit erzeugt werden kann. Im Gegensatz zu Substanzen wie Tabak, Opiaten oder Kokain, hat Alkohol eher ein mittleres Suchtpotential. Man geht davon aus, dass es durchschnittlich etwa 10 Jahre regelmäßigen Alkoholkonsums bedarf, um eine Abhängigkeit zu erzielen.
Eine gewisse biologische bzw. genetische Mitwirkung bei der Entstehung wird seit Jahrzehnten in Fachkreisen diskutiert, ist jedoch bis heute nicht wirklich geklärt.
Zu Beginn der Alkoholkrankheit wird die Wirkung des Alkohols als positiv bzw. erleichternd erlebt und so kann ein anfänglich gelegentliches Erleichterungstrinken, über die Erhöhung der Alkoholtoleranz, in ein ständiges Erleichterungstrinken übergehen.
Später entwickelt sich ein so genannter schädlicher Gebrauch, die Trinkmenge nimmt zu und Alkohol wird vor allem der Wirkung wegen getrunken. Das Trinken wird gierig, Alkoholvorräte werden angeschafft und Erklärungsversuche für das Trinken werden präsentiert.
Schließlich setzt dann der Kontrollverlust ein, der Zeitpunkt des Trinkens sowie die Trinkmenge kann immer weniger kontrolliert werden.
In der chronischen Phase kommt es zu zunehmender Nahrungsmittelvernachlässigung, zu Organschäden und/oder Alkoholpsychosen und zum Auftreten körperlicher und/oder psychischer Entzugssymptome. Auch ändern sich die Trinkgewohnheiten, Räusche werden länger und morgendliches oder auch nächtliches Trinken setzt ein. Schließlich kann durch eine Schädigung der Blut-Hirn-Schranke ein Toleranzbruch entstehen, d.h. Alkohol kann direkter im Hirn wirken und schon geringe Alkoholmengen können zu einer Berauschung führen.
Bei milden und moderaten Konsumverläufen, jenen die (noch) kein dezidiertes Abhängigkeitssyndrom aufweisen, kann der kompetente Gebrauch eine Behandlungsoption darstellen. Durch diese zusätzliche Therapieoption kann eine große Zahl an Personen erreicht werden, da erstens die Scheu vor einer womöglich lebenslangen Abstinenz genommen werden kann, als auch Frühstadien der Erkrankung gut behandelt werden können.
Durch nachhaltige und irreversible Umbauprozesse im Suchtgedächtnis gilt die Auflage einer „totalen Abstinenz“ nach wie vor für schwere Abhängigkeitserkrankungen. Die Abstinenz wird aber nicht länger als einziges Ziel in der Suchtbehandlung angesehen, sie ist vielmehr Basis für einen Transformationsprozess zur Lebensneugestaltung. Das (Wieder-) Erlangen eines autonomen, souveränen und freudvollen Lebens muss das oberste Therapieziel darstellen; ein Therapieziel, welches bei Betroffenen auf wesentlich mehr Akzeptanz stößt als die bloße Abstinenz.